Die Griechische Kulturstiftung Berlin
und die Literatur aus Griechenland



Wenn ich an die Aufnahme meiner Zusammenarbeit mit der Griechischen Kulturstiftung Berlins im Frühjahr 200 zurückdenke, nehme ich hauptsächlich meine naive Unerfahrenheit in Bezug auf die Realität der Kulturpolitik wahr. Als Student im letzten Stadium, der noch mitten in der Abfassung seiner Doktorarbeit stand, träumte ich von der Organisation von Literaturlesungen und Kongressen, bei denen sich das Berliner Publikum auf die Füße treten und mit offenem Mund den Texten und Ansichten der griechischen Autoren und Autorinnen lauschen würde. Mir wurde sehr schnell klar, und dies spätestens bei den teilweise dramatischen Vorbereitungen der Veranstaltungen zur Frankfurter Buchmesse 2001, dass es sich hierbei um ein Feld des Wettbewerbs handelt, auf dem Werbestrategien, Beziehungen und Beharrlichkeit eine ebenso große Rolle spielen wie die Qualität der Bücher, und dies bedauerlicherweise unabhängig von der persönlichen Vorliebe für den einen oder anderen Text.

Die Beziehungen der Berliner Zweigstelle der Griechischen Kulturstiftung zu griechischen Autoren, deutschen und griechischen Verlagen, Literaturkritikern und Institutionen der Buchförderung bewegen sich zwischen streng professionellen bis zu freundschaftlich-herzlichen Kontakten. Doch vor allem sind unsere Kontakte zu den Trägern des Buches in Griechenland und im deutschsprachigen europäischen Raum ausgesprochen zahlreich. Dies geht nicht nur auf die besondere Liebe der Mitarbeiter der Stiftung zur Literatur zurück, sondern auf das Echo und den Erfolg literarischer Texte in der Presse und der öffentlichen Meinung, was für uns das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet und zur Überwindung des stereotypen Bildes der Deutschen in Bezug auf Griechenland beiträgt.

Die Promotion des zeitgenössischen griechischen Buches im gesamten deutschsprachigen Raum erfolgt auf vielfältige Weise, durchläuft jedes Mal unterschiedliche Stadien und macht sich die gegebenen Umstände zur Förderung und Promotion von Autoren und Büchern zunutze. Manchmal scheint die Vorstellung der neugriechischen Literatur bei Verlegerwelt und Presse alle übrigen Aktivitäten zu überdecken, wie es etwa im Jahr 2001 der Fall war, in dem die Literatur aus Griechenland einen Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse darstellte.

Die Flut an Lesungen während des Jahres 2001, in deren Rahmen nebenbei gesagt auch noch das Verzeichnis der ins Deutsche übersetzten griechischen Bücher korrigiert und ergänzt wurde, blieb nicht ohne Fortsetzung. Im Jahr darauf wurde von uns ein Programm literarischer Präsentationen initiiert, das sich mittlerweile unter dem Titel „Kleine Sprachen – große Literaturen“ fest etabliert hat. An diesem Programm, das jährlich auf der Leipziger Buchmesse läuft, nehmen Bucheinrichtungen und Berliner Bildungsinstitutionen von Ländern teil, deren Sprachen sich aufgrund der geringen Zahl von native speakers in der europäischen Peripherie befinden, wie etwa Ungarn, Tschechien, Malta, Finnland, Kroatien und natürlich Griechenland und Zypern. Die Kooperation mit anderen Organisationen zur Präsentation von umfassenderen Programmen ist bei uns ständige Taktik. Der Gewinn ist vielfältig: Zum einen stehen uns größere Budgets zur Verfügung, so dass wir uns in der Lage sehen, die Qualität zu verbessern, indem wir etwa bekannte Journalisten und andere Persönlichkeiten als Moderatoren wählen, während wir gleichzeitig in der Lage sind, unsere Arbeit erfolgreicher bei der Presse zu lancieren. Darüber hinaus gibt es bei Presse und Publikum ein selbstverständliches Interesse für Veranstaltungen, die aus europäischer Kooperation resultieren, im vorliegenden Fall des Programms „Kleine Sprachen – große Literaturen“ aus der Kooperation zwischen Ländern, die nicht zur Gruppe der traditionell Starken gehören.



Im September 2003 wurde der griechischen Literatur auf dem dritten internationalen literaturfestival berlin ein besonderer Platz eingeräumt: Dem Berliner Publikum wurden insgesamt 11 Autoren und 4 Regisseure mit Verfilmungen literarischer Vorlagen vorgestellt. Die Zusammenarbeit mit der bereits etablierten Institution gab uns Gelegenheit, unsere Gäste vor einem breiteren Publikum zu präsentieren, zu dem wir ohne die Teilnahme an dem Festival keinen Zugang gehabt hätten.

Unsere Bemühung um die Promotion der griechischen Literatur wäre entmutigend, wenn wir nicht ständig die Realität im Auge behalten würden. Und die Realität kann in dem Witz der Mitarbeiterin des dtv-Verlags kondensiert werden, der als Antwort auf meine Frage erfolgte, was denn eigentlich noch notwendig sei, damit die griechischen Autoren im verlegerischen Raum einen größeren Reiz bekämen. „Stellt ihnen amerikanische Pässe aus“, war die Antwort, die einen mundtot machte. Wenn man berücksichtigt, dass das Buch als erstes Produkt der Massenproduktion in Europa unterdessen endgültig den Gesetzen des Marktes und der oft naiven Vorlieben des breiten Publikums gehorcht und nicht den Gesetzen der ideologischen Sympathien, der literarischen Würdigungen und staatlichen Subventionen, so haben die griechischen Literaten aufgrund ihrer Position nicht die gleichen Chancen wie ihre Kollegen aus den anglophonen, frankophonen und ispanophonen Sprachgemeinschaften. Die Abstimmung der Bemühungen von geeigneten Trägern wie etwa dem Griechischen Buchzentrum, der Literaturabteilung des Ministeriums für Kultur, dem Griechischen Börsenverein und der Griechischen Kulturstiftung sind zwar eine notwendige Voraussetzung dafür, dass das Publikum Griechenland aufgrund seiner zeitgenössischen Künstler kennen und lieben lernt, aber man sollte sich bezüglich der erzielbaren Ergebnisse keinen Illusionen hingeben. Auf jeden Fall hat sich die Präsenz der griechischen Literatur im deutschsprachigen Raum im Vergleich zur ihrer Situation bis vor zehn Jahren deutlich verbessert. Zu konstatieren, dass die Griechische Kulturstiftung dazu entscheidend beigetragen hat, ist ganz bestimmt schmeichelhaft, jedoch sicherlich keine Koketterie.

Was für mich persönlich über all diese Feststellungen hinaus nach fünf Jahren intensiver Mitarbeit in der Griechischen Kulturstiftung Bedeutung hat, ist die Freude, die ich aus dieser Arbeit beziehe, es sind die hervorragenden Beziehungen zu den übrigen Mitarbeitern der Griechischen Kulturstiftung in Athen und Berlin, die intensive Streitkultur, der Humor und die gegenseitige Wertschätzung, die meine alltägliche Arbeit mit dem Direktor der Zweigstelle auszeichnet, und vielleicht vor allem der Genuss einer persönlichen Beziehung und Sympathie zu vielen Künstlern. Ich möchte also gerne mit dem Satz von Menis Kumandareas schließen, der eben diese zwei Seiten der Arbeit einschließt, die strenge Professionalität, die sich mit dem offenen persönlichen Kontakt verbindet:

„Wenn ich mit dir am Telefon sprach, habe ich mir immer einen trockenen und herben Profi vorgestellt. Woher sollte ich wissen, was du in Wirklichkeit bist…“

 Ich wünsche mir, dass die Berliner Zweigstelle, die nun seit fünf Jahren auch einen wichtigen Teil meines täglichen Lebens darstellt, noch hundert Jahre erlebt.